Jürgen Freuer Notiz über ein Gespräch
Im Zuge der Recherchen für ihren ersten Artikel über die Abteilung Information sprach Christiane Wachsmann im Juni 1991 mit Jürgen Freuer. Sie machte von diesem Telefongespräch eine ausführliche Notiz, ohne dabei an eine Veröffentlichung zu denken: Es ging mehr darum, Material zusammenzutragen. Inzwischen ist Jürgen Freuer verstorben, ein weiterer Austausch fand nicht statt. In diesem provisorischen Text entsteht immerhin ein Eindruck von Freuer und seinem HfG-Studium. Deshalb haben wir uns entschlossen, ihn hier unverändert abzudrucken.
Jürgen Freuer war sehr eng mit dem früh verstorbenen Oskar Wehling befreundet. Er selbst kam „ohne feste Absichten“ an die HfG. Freuer hatte bereits ein Studium hinter sich (Sozialwissenschaften) und überlegte, was er nun tun sollte. Oskar Wehling erzählte ihm von der Schule in Ulm, und Jürgen Freuer kam dann an die HfG – nicht zuletzt, weil seine Mutter in Ulm wohnte.
Freuer erinnert sich besonders an Horst Rittel und die mathematischen Grundlagen, die er unterrichtete. „Wenn wir es damals etwas ernster genommen hätten, wären wir die Vorläufer dieser ganzen Computergeschichten geworden – wir haben das in seiner Tragweite allerdings nicht erfasst“, sagt Jürgen Freuer.
Auch Tomás Maldonado mit seiner Semiotik ist ihm in Erinnerung geblieben. Er habe es sehr gut den Studenten vermitteln können, wenn er wohl auch nicht viele eigene Gedanken dazu beigesteuert habe. Die Grundlagen zur Informationstheorie hätte ja auch schon Norbert Wiener gelegt – die Gedanken darüber, wie man Daten systematisch sammeln, erfassen und weiter verarbeiten kann.
Zur Informationsabteilung sagt Jürgen Freuer: „Dieser Zweig war, vielleicht abgesehen von Dolf Sass, mit Leuten besetzt, die alle schon irgendwie orientiert waren, zum Beispiel ein Studium hatten. Der Unterricht war eine hilfreiche Krücke für uns – die ganze Zeit hat mein Gesichtsfeld ungeheuer erweitert.“
Über Gert Kalow meint Freuer, er sei „eigentlich ein biederer Journalist“ gewesen, habe mit seinen Studenten ein paar Stilübungen gemacht, ohne besonders analytisch an die Sache heranzugehen. Der Tenor seines Unterrichts sei gewesen „wie man was macht“.
Die solide handwerkliche Ausbildung bei Wolfgang Siol habe ihm später besonders gut geholfen, sagt Jürgen Freuer. Er arbeitete für das Fernsehen, war Korrespondent in Afrika und Skandinavien. Zunächst wurden noch Filmkameras benutzt, und Freuer profitierte sehr von seinem Wissen im Umgang mit der Technik und über den Bildaufbau, da er oft allein unterwegs war, ohne Kamerateam.
An den Filmunterricht bei Staub erinnerte er sich nur sehr dunkel – Staub habe die HfG eigentlich benutzt, um seinen eigenen Interessen nachzugehen, sagt Freuer. Er erinnert sich daran, dass zu seiner Zeit eine Filmkamera angeschafft wurde, „eine grüne Vetabo, 16 mm“.
Wichtig im Unterricht war auch Peter Hamm, der sich „über das Feuilleton verbreitete“ und Joachim Kaiser, der sehr für Thomas Mann schwärmte.

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Zitation
Christiane Wachsmann "Jürgen Freuer. Notiz über ein Gespräch vom 10. Juni 1991" in: David Oswald, Christiane Wachsmann, Petra Kellner (eds) Rückblicke. Die Abteilung Information an der hfg ulm. Ulm, 2015, pp. 138-139, online unter http://www.hfg-ulm.info/de/rueckblick_juergen-freuer .html
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