David Oswald Zur Benennung der Abteilung Information

Titelbild der antifaschistischen Zeitschrift „information“ Titelgestaltung und Typografie von Max Bill.
Ignazio Silone, Genossenschaft für literarische Publikationen (Hg.), information – wirtschaft, wissenschaft, erziehung, technika, 1. Jahrgang, Heft 3, Aug./Sept. 1932, Zürich: Oprecht & Helbling.

Max Bense war der erste und inhaltlich prägende Leiter der Abteilung Information von 1955 bis 1958. Die Vermutung, dass die Benennung der Abteilung auf Bense zurückgeht, ist naheliegend, jedoch nicht zutreffend. Der Informationsbegriff spielt bei Bense bis 1954 noch keine dominante Rolle. Er befasst sich erst ab 1954 mit der Informationstheorie von Shannon/Weaver und entwickelt daraus seine Informationsästhetik.1 Der Begriff „Information“ taucht jedoch bereits 1949 in einem Typoskript der späteren HfG-Gründer auf 2 – lange bevor Bense 1952 anlässlich seines ersten Vortrags in der Ulmer Volkshochschule Inge Scholl, Otl Aicher und Max Bill kennenlernte.3 Die Liste der 1949 geplanten Abteilungen belegt die ursprünglich politisch-publizistische Ausrichtung der „Geschwister Scholl Hochschule“: Politische Methodik, Presse/Rundfunk, Werbung/Information, Photo/Film, Produktform, Architektur, Stadtbau – in dieser Reihenfolge. Die spätere Abteilung Information wird innerhalb des Dokuments noch abwechselnd „Werbung/Instruktion“ und „Werbung/Information“ genannt. Ab 1949/50 verschiebt sich durch den Einfluss von Max Bill die Konzeption der Schule immer mehr in Richtung „Neues Bauhaus“ und der politische und journalistische Anteil wird zusehends kleiner. Am Ende werden die zwei Bereiche „Presse/Rundfunk“ und „Werbung/Information“ zu einer einzigen Abteilung „Information“ zusammengefasst – die Abteilung „Politische Methodik“ ist ganz verschwunden.

Heute würde man diese übriggebliebene Abteilung wahrscheinlich „Verbale Kommunikation“ nennen – warum also „Information“? Es spricht einiges dafür, dass der Name der Abteilung von Max Bill stammt. Bill plädierte für diese Benennung in einem Brief an Inge Scholl, unter anderem um im selben Zuge die von ihm ungeliebte „Politische Methode“ loszuwerden:

„journalimus ist ebenfalls politik. gleichermaßen ist es information.“ und „die werbung soll weitgehend information sein. sei es zur gewinnung der öffentlichen meinung über dinge, die im interesse aller liegen oder zur information über produkte“ und weiter: „[daraus] geht hervor, dass die drei dinge [Politik, Journalismus, Werbung] in sehr engen zusammenhang gehören und eigentlich den obertitel ‚information und volksbildungsdienst‘ tragen könnten. (dies ist mehr eine richtung als ein titel.)“ 4

 

Als Inspiration und Vorbild dürfte eine anti-faschistische Zeitschrift gedient haben.5 Die Zeitschrift mit dem Titel „information“ wurde seit 1932 durch den vor den italienischen Faschisten geflohenen Ignazio Silone 6 in seinem Züricher Exil herausgegeben. Die grafische Gestaltung der „information“ verantwortete der damals 24jährige Max Bill. In dieser Zeitschrift wurde gegen den aufkommenden deutschen Faschismus und die drohende „Faschisierung“ der Schweiz angeschrieben. Das Leitmotiv dieser publizistischen Anstrengung findet sich später auch in Ulm wieder: Mit Aufklärung und Information gegen Propaganda und Verführung. Damit trafen in Ulm zwei Auffassungen von „Information“ aufeinander: Information als politische Aufklärung und Information als technisch messbarer Gehalt einer Nachricht. Für Bense, der 1944 ein Flugblatt gegen Hitler verfasst hatte,7 keineswegs unvereinbar – im Gegenteil.

 

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Zitation
David Oswald "Zur Benennung der Abteilung Information" in: David Oswald, Christiane Wachsmann, Petra Kellner (eds) Rückblicke. Die Abteilung Information an der hfg ulm. Ulm, 2015, pp. 24-25, online unter http://www.hfg-ulm.info/de/geschichte_bennennung.html

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